FAQs zur Realschule
Fragen und Antworten zur aktuellen Bildungsreform finden Sie unter FAQ Bildungsreform: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (baden-wuerttemberg.de).
Die Realschule ist eine leistungsstarke und bewährte Schulart in Baden-Württemberg mit einem eigenen, besonderen Profil. Zu ihrem Kern gehört ein sehr klares und strukturiertes Lehr- und Lernangebot mit hohem Realitätsbezug. Theorie- und Praxisbezug sowie Persönlichkeits- und Sachorientierung sind konstituierende und gleichwertige Merkmale der Arbeit an dieser Schulart, die damit eine der tragenden Säulen des baden-württembergischen Schulsystems ist.
Förderung von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen
Schülerinnen und Schüler werden an der Realschule individuell gefördert. Leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, am Ende von Klasse 9 den Hauptschulabschluss abzulegen. Je nach Standort werden die Schülerinnen und Schüler in eher leistungshomogenen Lerngruppen oder Klassen (Zügen) oder ob sie im Unterricht mit binnendifferenzierenden Maßnahmen unterrichtet werden. Damit können die Realschulen sehr passgenau auf die unterschiedlichen Voraussetzungen ihrer jeweiligen Schülerschaft reagieren.
Orientierungsstufe
In den Klassenstufen 5 und 6 wird die Leistungsfeststellung auf dem mittleren Niveau vorgenommen. Für eher leistungsschwächere und für eher leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler kann eine zusätzliche Förderung angeboten werden. Erst Ende Klasse 6 wird anhand der Noten entschieden, ob die Schülerin oder der Schüler auf dem grundlegenden Niveau (Hauptschulniveau) oder auf dem mittleren Niveau (Realschulniveau) weiterlernt.
Es ist geplant, die Orientierungsstufe auf ein Jahr zu verkürzen.
Unterricht in Klasse 7 bis 9
In den Klassen 7 bis 9 kann auf dem grundlegenden Niveau, das zum Hauptschulabschluss führt, und dem mittleren Niveau, das zum Realschulabschluss führt, unterrichtet werden. Am Ende der Klassen 7 und 8 wird anhand der Noten entschieden, auf welchem Niveau die Schülerin bzw. der Schüler weiterlernt. Ein Wechsel ist auch zum Halbjahr möglich. Um den Übergang der Schülerinnen und Schüler auf die beruflichen Gymnasien bzw. die gymnasiale Oberstufe zu erleichtern, sollen Realschulen ab Klassenstufe 8 für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler auch Unterrichtsangebote auf dem erweiterten Niveau, das zur Hochschulreife führt, anbieten.
Auch in den Klassenstufen 7 bis 9 können die Schülerinnen und Schüler durch binnendifferenzierende Maßnahmen in allen Fächern gemeinsam unterrichtet werden. Es ist aber ebenso denkbar, die Poolstunden zur äußeren Differenzierung einzusetzen. Dies ist in Gruppen innerhalb der Klassen oder in getrennten Klassen möglich.
Nach der Realschulversetzungsordnung werden die Schülerinnen und Schüler ab der Klassenstufe 7 entweder auf dem grundlegenden oder dem mittleren Niveau unterrichtet. Entsprechend orientiert sich die Leistungsbewertung in allen Fächern an den jeweiligen Kompetenzen bzw. Standards des Bildungsplans der zugewiesenen Niveaustufe (vgl. § 4 Abs. 1). Dies gilt für schriftliche, mündliche und fachpraktische Leistungen.
Jede Realschule verfügt über 20 Poolstunden pro Zug. Um die Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu fördern, gibt es keine Vorgaben darüber, wie viele Poolstunden in welchen Klassenstufen eingesetzt werden. Darüber entscheidet einzig und allein die jeweilige Realschule, der es damit möglich gemacht wird, passgenau auf die jeweiligen Herausforderungen vor Ort zu reagieren. So können beispielsweise die Poolstunden in der Orientierungsstufe (Klasse 5 und 6) für Schülerinnen und Schüler zur Stärkung der Basiskompetenzen eingesetzt werden, die bei Lernstandserhebungen in Klasse 5 erheblichen Unterstützungsbedarf gezeigt haben, oder auch für zusätzlichen Unterricht in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik. Vorstellbar ist auch, dass in Klassenstufe 7 bis 9 die Schülerinnen und Schüler binnendifferenziert oder auch in äußerer Differenzierung in allen Fächern unterrichtet und individuell gefördert werden.
Unterschiede in den Konzepten der Realschulen im Land machen deutlich, dass die Realschulen im Hinblick auf den Umgang mit zwei Lernniveaus die Poolstunden sehr verantwortungsvoll und passgenau einsetzen.
Für die Schulen gibt es eine neue Kontingentstundentafel. Entsprechend wurden die Zeugnisformulare für alle Klassenstufen angepasst und können von den Schulen sukzessive verwendet werden. Die Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums über Zeugnisse, Halbjahresinformation, Lernentwicklungsbericht und Schulbericht (VwV Zeugnisse) vom 21. Februar 2019 enthält die neuen Regelungen.
Es ist beabsichtigt, den Realschulen künftig Wahlmöglichkeiten zu geben. Ganztagsschulen sollen dauerhaft in verbindlicher Form oder in Wahlform angeboten werden. Dabei soll das unterrichtsbezogene Ganztagsangebot durch flexible Betreuungsangebote des Schulträgers ergänzt werden. Ganztagsangebote gibt es für die Klassenstufen 5 und 6. Je nach Bedarf sollen sie auch für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 7 eingerichtet werden. Grundlage für die Ausgestaltung der Ganztagsangebote ist der Qualitätsrahmen Ganztagsschule des Landes Baden-Württemberg.
Die Realschule führt nach sechs Jahren zum Realschulabschluss, bietet aber auch die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss am Ende von Klasse 9 zu erwerben.
Mit einem erfolgreich abgelegten Hauptschulabschluss verfügen die Schülerinnen und Schüler über eine grundlegende Allgemeinbildung und damit über gute Voraussetzungen für den Einstieg in eine qualifizierte Berufsausbildung oder eine schulische Weiterbildung:
- Beginn einer Berufsausbildung im dualen System (Berufsschule und Betrieb),
- Besuch einer zweijährigen Berufsfachschule,
- ohne Ausbildungsvertrag Wechsel in das Berufseinstiegsjahr oder in das Vorqualifizierungsjahr Arbeit / Beruf.
Nach erfolgreich abgelegtem Realschulabschluss verfügen die Schülerinnen und Schüler über eine erweiterte Allgemeinbildung. Auch hier stehen nun viele Wege offen: Neben dem Einstieg ins Berufsleben ist ebenfalls eine weitere schulische Qualifizierung möglich:
- Beginn einer Berufsausbildung im dualen System (Berufsschule und Betrieb),
- Schulische Berufsausbildung in Berufsfachschulen,
- Besuch eines Berufskollegs (z. B. BK I oder zweijähriges Berufskolleg für technische Assistentinnen oder Assistenten),
- Beginn einer Beamtenlaufbahn im mittleren Dienst,
- Besuch eines beruflichen Gymnasiums,
- Besuch einer gymnasialen Oberstufe an einem allgemein bildenden Gymnasium, insbesondere des dreijährigen Aufbauzugs an einem Aufbaugymnasium („Realschulaufsetzer“) oder der Oberstufe an einer Gemeinschaftsschule.
Die Realschulen unterrichtennach dem gemeinsamen Bildungsplan für die Sekundarstufe I. Die Leistungsbewertung und die Abschlussprüfungen erfolgen auf der Basis der im Bildungsplan ausgewiesenen Inhalte und Kompetenzen.
Maßgeblich für die Leistungsbewertung im Unterricht und in der Abschlussprüfung sind somit entweder das grundlegende, das zum Hauptschulabschluss führt, oder das mittlere Niveau, das zum Realschulabschluss führt. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler, die nach erfolgreichem Realschulabschluss das Abitur anstreben, werden gezielt und auch mit Blick auf die Standards des erweiterten Niveaus gefördert. Die Leistungsbewertung erfolgt jedoch nicht auf der Basis des erweiterten Niveaus.
Schülerinnen und Schüler, deren Leistungen auf diesem Niveau in allen Fächern bewertet wurden, legen nach Klasse 9 den Hauptschulabschluss ab. Der erfolgreich abgelegte Hauptschulabschluss berechtigt zum Besuch der Klasse 10 der Realschule (einjähriger Bildungsgang) oder zum Besuch der Klasse 9 der Realschule (zweijähriger Bildungsgang), wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
Nach erfolgreichem Hauptschulabschluss können die Schülerinnen und Schüler in die Klasse 10 wechseln und den Realschulabschluss an der Realschule anstreben, wenn sie die Voraussetzungen für den Wechsel der Niveaustufe erbringen. Dazu gehört:
- in den Fächern Deutsch, Mathematik und in der Pflichtfremdsprache mindestens die Note »gut« und
- in allen für die Versetzung maßgebenden Fächern mindestens ein Durchschnitt von 3,0.
Die Schülerinnen und Schüler, die den Hauptschulabschluss an der Realschule nach Klasse 9 erworben haben, können die Klasse 9 freiwillig auf mittlerem Niveau wiederholen, sofern folgende Notenvoraussetzungen vorliegen:
- mindestens in zwei der Fächer Deutsch, Mathematik und Pflichtfremdsprache die Note »gut« und in einem dieser Fächer mindestens die Note »befriedigend« und
- in allen für die Versetzung maßgeblichen Fächern mindestens ein Durch-schnitt von 3,0.
Der Hauptschulabschluss bleibt auch dann erhalten, wenn am Ende der wiederholten Klasse keine Versetzung erfolgt.
Auch an der zweijährigen zur Fachschulreife führenden Berufsfachschule (berufliche Schule) kann der Mittlere Bildungsabschluss erreicht werden. Zusätzlich wird eine berufliche Grundbildung, im kaufmännischen oder im gewerblich-technischen Bereich oder im Bereich Ernährung und Gesundheit vermittelt.
Ganz nach Talent und Neigung wählen Schülerinnen und Schüler im Wahlpflichtbereich eines der folgenden Fächer: Technik oder Alltagskultur, Ernährung, Soziales (AES) oder Französisch. . Technik und Alltagskultur, Ernährung, Soziales (AES) beginnen in Klasse 7, die zweite Fremdsprache in Klasse 6.
Der Wahlbereich komplettiert das Bildungsangebot der Realschule. Im Anschluss an den Aufbaukurs Informatik in Klasse 7 kann in den Klassenstufen 8 bis 10 das Wahlfach Informatik freiwillig belegt werden. Eine Belegung des Faches ist ausschließlich mit Beginn von Klasse 8 möglich.
Weil die Realschule neben dem mittleren Niveau auch das grundlegende Niveau anbietet, muss eine Schülerin bzw. ein Schüler, die oder der das mittlere Niveau nicht erreicht, die Realschule nicht verlassen. Sie oder er lernt dann auf grundlegendem Niveau und hat bei entsprechenden Leistungen auch die Möglichkeit, wieder auf das mittlere Niveau zu gelangen.
Bereits seit dem Wintersemester 2011/12 werden Lehrkräfte für Schülerinnen und Schüler, die den Hauptschulabschluss, den Werkrealschulabschluss und den Realschulabschluss anstreben, in einem gemeinsamen Lehramtsstudiengang ausgebildet. Die ersten Absolventinnen und Absolventen haben am 1. Februar 2016 ihren Vorbereitungsdienst an den Staatlichen Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung (heute: Seminaren für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte) begonnen und erstmals die zweite Dienstprüfung nach der WHRPO II vom 3. November 2014 im Sommer 2017 abgelegt. Der Umgang mit Heterogenität ist in den hierfür gültigen Ausbildungsstandards fest verankert.
Mit Umstellung der Lehramtsstudiengänge auf BA-/MA-Studiengänge im Wintersemester 2015/16 wurden die angelegten Strukturen und Inhalte weiterentwickelt und die Studiendauer für das Lehramt der Sekundarstufe I um zwei Semester erhöht. Auch dieser neue Studiengang berücksichtigt in den Studieninhalten der Bildungswissenschaften und der Fächer den Umgang mit Heterogenität.
In der Lehrkräftefortbildung kann auf vorhandene Angebote im Themenfeld des Umgangs mit Heterogenität zurückgegriffen werden. Darüber hinaus werden weitere Formate und Angebote entwickelt, die die Realschulen und Lehrkräfte in den anstehenden Entwicklungen unterstützen werden.
Ersatzschulen können gemäß § 5 Abs. 2 PSchG in der inneren und äußeren Gestaltung der Schule, in der Lehr- und Erziehungsmethode sowie im Lehrstoff abweichen, sofern die Schule gegenüber den entsprechenden öffentlichen Schulen als gleichwertig betrachtet werden kann. Daraus folgt mit Blick auf die geforderte Gleichwertigkeit, dass die Realschulen in freier Trägerschaft nicht alle geplanten, aber die wesentlichen Änderungen nachvollziehen müssen.
Realschulen in freier Trägerschaft müssen in ihrer Eigenschaft als Ersatzschulen prägende Elemente des Realschulkonzepts umsetzen. Wenn sie diese prägenden Elemente der Schulart nicht verwirklichen, gefährden sie ihren Status als genehmigte bzw. staatlich anerkannte Ersatzschule. Die Realschulen vermitteln vorrangig eine erweiterte allgemeine, aber auch eine grundlegende Bildung.
Prägend für das Realschulkonzept ist, dass die Realschulen vorrangig den Realschulabschluss, aber auch den Hauptschulabschluss anbieten. Die Hauptschulabschlussprüfung wird am Ende der Klasse 9 durchgeführt, die Realschulabschlussprüfung am Ende der Klasse 10. Grundlage für den Hauptschulabschluss ist das grundlegende Niveau, Grundlage für den Realschulabschluss ist das mittlere Niveau.
Prägend ist auch, dass die Klassen 5 und 6 in Form einer Orientierungsstufe gestaltet werden. In der Orientierungsstufe werden die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit individualisierten Lernformen unterrichtet und können leistungsdifferenzierte Förderangebote wahrnehmen. Eine Aufteilung in abschlussbezogene Züge wäre also z. B. innerhalb der Orientierungsstufe nicht möglich. Am Ende von Klasse 5 erfolgt keine Versetzungsentscheidung.
Wichtigstes Ziel der regionalen Schulentwicklung ist, allen Schülerinnen und Schülern in zumutbarer Erreichbarkeit von ihrem Wohnort einen ihren Begabungen und Fähigkeiten entsprechenden Bildungsabschluss zu ermöglichen. Ein Weg dazu ist die Bildung integrativer Strukturen, in denen der Erwerb unterschiedlicher Abschlüsse möglich ist. Da alle Realschulen zukünftig auch das grundlegende Niveau und seit dem Schuljahr 2019/20 die Hauptschulabschlussprüfung anbieten, ist das Schulangebot der Realschule ein wesentliches Kernelement der regionalen Schulentwicklung in Baden-Württemberg.
Nach § 5 MVO ist ein Wechsel grundsätzlich immer möglich. Nach § 11 Abs. 1 MVO hat die Schülerin bzw. der Schüler auch das Recht zu wechseln, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Allerdings umschließt dieses Recht lediglich den Wechsel der Schulart, nicht jedoch die Aufnahme an einer bestimmten Schule.
Ziel der Initiative des Mit- und Voneinander-Lernens in der Realschule ist es, die Realschulen und Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) in ihrem Entwicklungsprozess zum Mit- und Voneinander-Lernen zu stärken und ihnen Mut zu machen, sich für weitere Begegnungsmaßnahmen, kooperative Organisationsformen und inklusive Bildungsangebote zu öffnen. Realschulen und die SBBZ können diese Erfahrungsfelder im Mit- und Voneinander-Lernen für sich nutzen und Ansätze dieser Arbeit in ihr Gesamtkonzept übertragen. Dabei spielt es keine Rolle, für welche Form des Mit- und Voneinander-Lernens sich Schulen entscheiden. Sie haben alle ihre Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr, dass die beteiligten Akteure für sich und zu ihren räumlichsächlichen Voraussetzungen passende Angebote entwickeln und die Bereitschaft dazu mitbringen, das eigene Tun zu reflektieren und daran zu lernen.
Unter der Berücksichtigung der Ausgangsbedingungen und Umsetzungsvoraussetzungen der beteiligten Schulen ist es grundsätzlich möglich, beide Organisationsformen gleichzeitig an einem Standort zu etablieren.
Dabei liegt die Steuerungsverantwortung für die Einrichtung inklusiver Bildungsangebote beim Staatlichen Schulamt (Verordnung über sonderpädagogische Bildungsangebote – SBA-VO vom 8. März 2016, § 15 Bildungswegekonferenzverfahren/§ 2 Zuständige Schulaufsichtsbehörde). Kooperative Organisationsformen werden im Einvernehmen mit allen Beteiligten (den Schulträgern, den für die Schülerbeförderung zuständigen Ämtern, den Schulen, der Schulverwaltung) eingerichtet.
An Realschulen sind über 20 kooperative Organisationsformen eingerichtet. Von der Ausgestaltung her sind kooperative Organisationsformen inklusiven Bildungsangeboten qualitativ vergleichbar.