Ziel ist es, junge Menschen zur Demokratie „anzustiften“ und sie für Demokratie zu gewinnen. Der Leitfaden soll vermitteln, welche Bedeutung die Verfassungsprinzipien im Grundgesetz für ein freies und gerechtes Zusammenleben haben, welche Beteiligungschancen die Demokratie für die Mitgestaltung ihres Umfeldes, der Gesellschaft und Politik einräumt und in welchem Zusammenhang demokratische Grundrechte mit einem selbstbestimmten Leben stehen. Richtig ist aber auch: Unsere Gesellschaft befindet sich in einem Umbruch, der sie nachhaltig verändern wird: Globalisierung, Migration, Integration, Digitalisierung und eine immer weiter voranschreitende Individualisierung stellen die großen gesellschaftlichen Trends unserer Zeit dar. Vor diesem Hintergrund soll Demokratiebildung einen noch höheren und praxiswirksameren Stellenwert in den Schulen des Landes erhalten. Ziel des Leitfadens Demokratiebildung ist es, Lehrerinnen und Lehrer aller Fächer und Schularten eine verlässliche Orientierung für die Vermittlung demokratiebezogener Kompetenzen in Schule und Unterricht zu bieten.
Schule hat die Aufgabe, junge Menschen zu selbstverantwortlichem und demokratischem Handeln in der Gesellschaft zu befähigen. Dazu gehört die Vermittlung von Kenntnissen über politische, historische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen und Entwicklungen. Die Grundlage bilden das Grundgesetz und die Landesverfassung. Entsprechend enthalten die Bildungspläne sowohl der allgemein bildenden als auch der beruflichen Schulen bereits vielfältige Elemente der Demokratiebildung. Das Fach Gemeinschaftskunde hat hierbei als eigenständiges Fach mit Verfassungsrang einen zentralen Stellenwert. Aber auch in den weiteren Fächern wie etwa Deutsch, Ethik oder den berufsbezogenen Profilfächern finden sich Elemente im Sinne der Demokratiebildung.
Der Leitfaden Demokratiebildung folgt einem umfassenden und ganzheitlichen Verständnis und betrachtet Demokratiebildung als Aufgabe und Mehrwert für alle Beteiligten und alle Fächer in der Schule. In den vier Handlungsfeldern des Leitfadens (Kap. 4) werden u.a. die wechselseitigen Zusammenhänge zwischen den Fächern und dem Leitfaden exemplarisch dargestellt. Damit ersetzt der Leitfaden Demokratiebildung die geltenden Bildungspläne nicht, sondern ergänzt diese und stellt insofern eine Vertiefung dar. Dies gilt ebenso für die in den Bildungsplänen der allgemein bildenden Schulen verankerten Leitperspektiven, auf die der Leitfaden exemplarisch Bezug nimmt.
Hierbei wird auch der Mehrwert des Leitfadens ersichtlich: Er bietet ein übergreifendes kohärentes Konzept zur Stärkung der Demokratiebildung in Schule und Unterricht, an dem sich Schulen und Lehrkräfte unabhängig von ihrer Schulart und den Unterrichtsfächern orientieren. Hierbei werden darüber hinaus auch außerschulische Lernorte und Kooperationen in den Blick genommen.
Demokratiebildung ist unabhängig von der Schulart und einem bestimmten Fach. Die Entwicklung demokratiebezogener Kompetenzen beginnt im Grundschulalter (und schon davor in den Einrichtungen der frühkindlichen Bildung) und setzt sich im Laufe einer Bildungsbiografie über die Sekundarstufe I und II sukzessive fort. Die in Kapitel 3 in vier Bausteine ausdifferenzierten Kompetenzen legen die Bildungsziele bis zum Ende der Schulzeit der Schülerinnen und Schüler fest. Insofern bietet der Leitfaden Demokratiebildung Schulen eine verlässliche Orientierung mit Impulsen, Hinweisen, Umsetzungsbeispielen und Informationsangeboten, lässt Schulen aber gleichzeitig hinsichtlich der inhaltlichen Umsetzung genügend Freiraum, um einer heterogenen Schülerschaft und den unterschiedlichen Bildungsgängen gerecht zu werden.
Der Leitfaden Demokratiebildung gliedert sich in fünf Kapitel. Beginnend mit der Darstellung der Bedeutung (Kap. 1) und den Bestimmungsfaktoren (Kap. 2) von Demokratiebildung werden in Kapitel 3 anhand von vier Bausteinen demokratiebezogene Kompetenzen formuliert und Impulse zur Umsetzung gegeben. Im Anschluss beschreibt Kapitel 4 des Leitfadens exemplarisch die wechselseitigen Zusammenhänge zwischen den Fächern und den in diesen enthaltenen demokratiebezogenen Kompetenzen. Zudem werden Anregungen und Impulse für die Umsetzung von Demokratiebildung in den jeweiligen Fächern und in der Schulkultur gegeben. In einem abschließenden Kapitel werden Informations- und Unterstützungsangebote dargestellt. Die Anhörungsfassung beinhaltet dieses Kapitel 5 nicht. Es wird erst unmittelbar vor Drucklegung des Leitfadens eingearbeitet, um Aktualität zu gewährleisten.
Der Leitfaden Demokratiebildung richtet sich in erster Linie an die Lehrkräfte und Schulleitungen aller öffentlichen ud privaten allgemein bildenden und beruflichen Schulen, unabhängig von der Schulart und dem Fach, das sie unterrichten. Ihr Auftrag ist es, die Inhalte des Leitfadens in ihrer Schule bzw. in ihrem Unterricht verbindlich umzusetzen.
Damit Schulen sich einen schnellen Überblick über den Leitfaden Demokratiebildung verschaffen können, wurde ein Kurzfilm produziert, der unter http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/LP/LFDB abrufbar ist. Dieser soll darüber hinaus auch dazu beitragen, die Implementierung des Leitfadens über die schulischen Gremien zu erleichtern und Gesprächsanlässe zu schaffen.
Darüber hinaus ist für die Umsetzung des Leitfadens Demokratiebildung ab dem Schuljahr 2019/2020 ein Fortbildungskonzept geplant. Ziel ist es, Schulleitungen und Lehrkräfte der verschiedenen Schularten zu befähigen, den Leitfaden Demokratiebildung an Schulen bzw. im Unterricht umzusetzen. Zudem sollen ab dem Schuljahr 2019/2020 konkrete Unterrichtsmaterialien für verschiedene Fächer und Klassenstufen sukzessive und aufeinander abgestimmt entwickelt und bereitgestellt werden.
Allen allgemein bildenden Schulen werden zwei Druckexemplare des Leitfadens Demokratiebildung pro Klasse zugesendet. Berufliche Schulen erhalten zwei Druckexemplare des Leitfadens pro Schule. Darüber hinaus ist der Leitfaden auf der Bildungsplattform unter www.bildungsplaene-bw.de sowie unter www.schule-bw.de kostenlos online verfügbar.
Demokratie braucht überzeugte und engagierte Demokratinnen und Demokraten. In ihrer Empfehlung „Demokratie als Ziel, Gegenstand und Praxis historisch-politischer Bildung und Erziehung in der Schule“ (2018) hebt die Kultusministerkonferenz die Bedeutung von Demokratiebildung in der Schule deutlich hervor: „Der freiheitliche demokratische Staat lebt von Voraussetzungen, die er als Staat allein nicht garantieren kann. Er ist darauf angewiesen, dass Bürgerinnen und Bürger aus eigener Überzeugung freiwillig im Sinne der Demokratie handeln. Historisch-politische Urteilsfähigkeit und demokratische Haltungen und Handlungsfähigkeit als Schlüsselkompetenzen müssen entwickelt und eingeübt werden. Dies muss in vielfältiger Weise Teil des Schulalltags sein. Ziel der Schule ist es daher, das erforderliche Wissen zu vermitteln, Werthaltungen und Teilhabe zu fördern sowie zur Übernahme von Verantwortung und Engagement in Staat und Gesellschaft zu ermutigen und zu befähigen. Es ist ihre Aufgabe, entsprechende Lerngelegenheiten in unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Handlungs- und Anforderungssituationen zu organisieren. Die gelebte Demokratie muss ein grundlegendes Qualitätsmerkmal unserer Schulen sein. Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich eine demokratische Schul- und Unterrichtsentwicklung als Querschnittsaufgabe.“
Aufgrund der großen Bedeutung von Demokratiebildung für die Sicherung und den Fortbestand unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft ist eine verbindliche Vermittlung demokratischer Kompetenzen deshalb unabdingbar.
Im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Fortbildungskonzepts und der Bereitstellung begleitender Unterrichtsmaterialien ist eine Evaluation des Leitfadens Demokratiebildung geplant, um dessen Einsatz und Wirkungen in der schulischen Praxis empirisch zu überprüfen. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse sollen als Grundlage für die Weiterentwicklung des Leitfadens und der damit in Verbindung stehenden Unterstützungssysteme dienen.