Die Landesregierung hat sich auf eine Reform des Bildungssystems geeinigt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Einstieg in die Bildungsbiografie. Zudem wird ein beschleunigter Ausbau des rhythmisierten Ganztags erfolgen, die Komplexität des Schulsystems soll reduziert werden. Darüber hinaus wird es künftig zwei gleichberechtigte Wege zum Abitur geben.
Die baden-württembergische Landesregierung hat die Weichen für die Reform des Schulsystems gestellt. Die Einigung enthält fünf zentrale Bausteine:
Im Einzelnen:
1. Gezielte Stärkung der Sprachförderung im frühkindlichen Bereich
Das Sprachförderkonzept Sprachfit soll erstmals einen klaren Schwerpunkt auf den frühkindlichen Bereich und die Grundschule setzen und damit den Anfang der Bildungskarriere stärken. Diese Entscheidung orientiert sich eng an den Forderungen der Bildungswissenschaften. Beabsichtigt ist damit eine neue Kultur des Hinschauens gerade am Beginn einer Bildungsbiografie, damit Kinder möglichst gar nicht erst ins Hintertreffen geraten. Hier geht es im Besonderen um diejenigen, die mit weniger guten Voraussetzungen ins Leben starten.
Hierzu sollen künftig alle Kinder mit festgestelltem Sprachförderbedarf eine verbindliche Sprachförderung bereits im Jahr vor der Einschulung erhalten.
Kinder, die nach dem Kindergarten noch nicht die nötigen Voraussetzungen für die erste Klasse mitbringen, werden zunächst in einer so genannten Juniorklasse die notwendigen sprachlichen aber auch mathematischen und kognitiven Vorläuferqualifikationen erlernen, um dann schulreif eingeschult zu werden.
Auch im Verlauf der Grundschule wird bei Kindern mit entsprechendem Bedarf die verbindliche Sprachförderung fortgesetzt. Der enorme Umfang dieser Maßnahmen erfordert ein schrittweises Vorgehen. Der flächendeckende Ausbau ist für das Schuljahr 2027/28 avisiert.
2. Zwei gleichwertige Wege führen zum Abitur
Das neue neunjährige Gymnasium wird zum Schuljahr 2025/2026 eingeführt und wird beginnend mit den Klassen 5 und 6 aufwachsend zur allgemeinen Hochschulreife führen. Die G9-Schulen entscheiden in eigener Verantwortung über die Einrichtung von G8-Zügen.
Genauso gut können Jugendliche auch den praxisnahen und beruflich orientierten Weg über die gestärkten Gemeinschafts- und Realschulen wählen, der dann gleichermaßen in neun Jahren in das Abitur münden wird. Sie tun dies im Verbund oder in Kooperation mit den beruflichen oder den allgemeinbildenden Gymnasien oder an den Gemeinschaftsschulen selbst, wenn dort eine gymnasiale Oberstufe eingerichtet ist. Realschulen und Gemeinschaftsschulen erhalten zu diesem Zweck ein klares lebenspraktisches und berufliches Profil, um eine gute Grundlage für den Weg in die duale Ausbildung oder das Studium zu legen. Die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung wird gestärkt.
3. Die Schullandschaft wird behutsam und unter Beteiligung vor Ort konsolidiert
Der Werkrealschulabschluss, den es sonst nirgendwo in der Republik gibt, wird nicht weiter fortgeführt. Die Werkrealschulen erhalten die Möglichkeit, sich zu Gemeinschaftsschulen oder Realschulen weiterzuentwickeln oder sich in Verbünden mit diesen zusammenzuschließen. Dies reduziert die Komplexität des Schulsystems unter Beteiligung der Schulen und Kommunen vor Ort. Perspektivisch lassen sich hierdurchzugleich Ressourcen für eine Verbesserung der Unterrichtsqualität gewinnen.
4. Die Grundschulempfehlung wird weiterentwickelt und valider (Modell „2 aus 3“)
Die Grundschulempfehlung wird weiterentwickelt und auf eine breitere Basis gestellt . Eltern sowie Schülerinnen und Schülern bekommen damit für die Wahl der passenden Schulform in der Sekundarstufe 1 eine bessere Orientierung. Die Grundschulempfehlung erfolgt nach den Kriterien:
- Empfehlung der Lehrkraft, auf Basis der Schulnoten
- Landesweit einheitliches Beobachtungsinstrument (Kompass 4)
- Elternwunsch
Für den Fall, dass der Elternwunsch von der institutionellen Empfehlung abweicht, werden die Gymnasien einen verbindlichen Potenzialtest anbieten, der über eine Aufnahme am Gymnasium entscheidet.
5. Mehr Ganztagesgrundschulen zum vertieften Lernen
Das Kultusministerium wird ein Konzept für den Ausbau des verbindlichen Ganztags erarbeiten. Im ersten Schritt werden alle Startchancenprogramm-Grundschulen zu verbindlichen Ganztagsschulen weiterentwickelt. Denn diese Kinder sind am meisten auf eine intensive Förderung angewiesen. Die Umwandlung in rhythmisierte verbindliche Ganztagsschulen wird attraktiver gestaltet und für die Kommunen erleichtert.