Anlässlich des Weltalphabetisierungstags hat sich Staatssekretär Volker Schebesta bei der Karle Recycling GmbH in Stuttgart zur arbeitsorientierten Grundbildung informiert. Das vielversprechende Kursangebot soll geringqualifizierte Beschäftigte bei der Alphabetisierung und Grundbildung unterstützen.
Die Menschen dort erreichen und weiterbilden, wo sie arbeiten – das ist die Idee der arbeitsorientierten Grundbildung. Am 8. September 2023, dem Weltalphabetisierungstag, hat sich Staatssekretär Volker Schebesta vor Ort bei der Firma Karle Recycling GmbH in Stuttgart ein Bild von diesem vielversprechenden Kursangebot gemacht. „Wir sehen die Alphabetisierung und Grundbildung geringqualifizierter Beschäftigter und Arbeitsloser als wichtigen Lösungsansatz mit großem Potenzial für den Fachkräftemangel. Deshalb wollen wir diese Lernangebote ausbauen“, sagt Schebesta. Das Kultusministerium arbeitet im Rahmen des Landesprogramms zur Alphabetisierung und Grundbildung mit der Wirtschaft und der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit zusammen, um weitere Kurse umsetzen zu können. Baden-Württemberg ist in der Ausrichtung solcher Projekte bundesweit führend. Sie werden bislang mit rund 225.000 Euro gefördert.
Die Firma Karle Recycling GmbH setzt derzeit den vierten Kurs zur arbeitsorientierten Grundbildung um, um die Beschäftigten besser zu qualifizieren. Die teilnehmenden Beschäftigten sind zumeist Migranten, die zum Großteil schon länger in Deutschland leben. „In unserer Branche mit vielen unterschiedlichen Anforderungen ist es einfach notwendig, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausreichend Lesen und Schreiben können. Deshalb freuen wir uns, dass wir den aktuellen Kurs mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg über die Technische Akademie Schwäbisch Gmünd umsetzen können“, erklärte Geschäftsführer Dietmar Schulz. Organisiert wird der Kurs mit Kosten von 6.000 Euro in Kooperation mit dem Bildungsträger Verein zur Förderung der Berufsbildung (VfB) in Ludwigsburg.
Der Kurs bei der Firma Karle Recycling GmbH ist ein Beispiel dafür, wie Beschäftigte mit zu geringen Fähigkeiten im Lesen und Schreiben weitergebildet werden können, um ihren Arbeitsplatz zu erhalten oder sogar zur Fachkraft aufzusteigen. Die Gefahr, bei der Transformation der Wirtschaft auf der Strecke zu bleiben, ist bei geringqualifizierten Erwachsenen besonders groß. Zum einen weist nach den Forschungen der Universität Hamburg mehr als jeder vierte von ihnen zu geringe Kenntnisse im Lesen und Schreiben auf, insgesamt 2,4 Millionen Erwerbstätige (2018). Zum anderen könnten nach Erkenntnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit fast 60 Prozent der Tätigkeiten von Helfer-Jobs automatisiert erledigt werden – mit steigender Tendenz.
Digitale Grundbildung in arbeitsorientierten Kursprojekten fördern
Die Alphabetisierung und Grundbildung ist deshalb Bestandteil der ressortübergreifenden Weiterbildungsinitiative WEITER.mit.BILDUNG@BW. Das Kultusministerium kann durch diese Initiative auch die digitale Grundbildung in arbeitsorientierten Kursprojekten fördern. Zielgruppen sind sowohl Beschäftigte in Unternehmen als auch Erwerbslose. Dabei werden Kurse von privaten und öffentlichen Weiterbildungsträgern wie „Bildung und Berufliche Qualifizierung (BBQ)“ in Pforzheim unterstützt und in Zusammenarbeit mit den zuständigen Jobcentern organisiert. „Die Kurse werden sehr gut angenommen und sind ein großer Gewinn für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer“, betont Staatssekretär Schebesta.
Das erhebliche Potenzial solcher Kurse wird bei der Technischen Akademie für berufliche Bildung in Schwäbisch Gmünd deutlich, die die arbeitsorientierte Grundbildung als bundesdeutsche Pionierin seit 2012 in Unternehmen betreut. Sie hat seitdem insbesondere durch eine Förderung des Bundesbildungsministeriums und des Landes sowie durch eine hohe Eigenbeteiligung der Unternehmen Kurse in mehr als 130 Betrieben mit insgesamt deutlich mehr als 5.000 Teilnehmenden umgesetzt.
Um insbesondere gering literalisierte Erwerbslose besser zu erreichen, hat das Kultusministerium zudem zwei Pilotprojekte angestoßen. Dabei wird erstmals eine strukturübergreifende Zusammenarbeit zwischen Weiterbildungsträgern (vor allem Volkshochschulen), Arbeitsverwaltung und Kultusministerium angestrebt. Über eine Förderung der Jobcenter Friedrichshafen und Konstanz sollen bei den drei örtlichen Volkshochschulen Friedrichshafen, Konstanz und Bodenseekreis Kurse eingerichtet werden, um die „persönlichen Chancen der Teilnehmenden auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern“, heißt es in der Präambel der geplanten gemeinsamen Vereinbarung. Das Kultusministerium will mit der Einrichtung einer 50-Prozent-Stelle bei den Volkshochschulen die Koordination unter den Partnern unterstützen. Das zunächst zweijährige Pilotprojekt soll spätestens im Frühjahr 2024 starten. Ähnliches ist geplant mit einem Pilotprojekt beim Grundbildungszentrum (GBZ) Freiburg in Zusammenarbeit mit dem dortigen Jobcenter, bei dem ebenfalls Lernangebote für gering literalisierte Erwachsene über einen GBZ-Kurs vorgesehen sind. Hier wäre eine Ausdehnung auf weitere GBZ und Jobcenter in Zusammenarbeit mit der Regionaldirektion denkbar. „Die enge Kooperation zwischen der Arbeitsverwaltung und der Weiterbildung kann zu einem ausschlaggebenden Faktor werden, um die gering literalisierten Erwachsenen fortzubilden und den Unternehmen qualifizierte Beschäftigte zur Verfügung zu stellen“, erläutert Staatsekretär Schebesta.
Kurs zur arbeitsorientierten Grundbildung bei der Karle Recycling GmbH
Der 6.000 Euro teure Kurs wird über die Fachstelle für Grundbildung und Alphabetisierung Baden-Württemberg organisiert und finanziert mit einer Eigenbeteiligung des Unternehmens in Höhe von 2.000 Euro, einer Förderung im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) von 2.000 Euro und einer Landesförderung von 1.400 Euro für die Fachstelle sowie einer Eigenbeteiligung von 600 Euro durch die Technische Akademie für berufliche Bildung GmbH Schwäbisch Gmünd als Trägerin der Fachstelle.
Weiterbildungsinitiative WEITER.mit.BILDUNG@BW
In der ressortübergreifenden Weiterbildungsinitiative WEITER.mit.BILDUNG@BW investiert die Landesregierung in den Jahren 2021 bis 2024 bis zu 40 Millionen Euro in die Weiterbildung im Land. Die Initiative des Kultus-, Wirtschafts- und Wissenschaftsministeriums soll den digitalen Strukturwandel im Land sozial ausgewogen gestalten und die positiven Aspekte unterstützen. Die Grundbildung ist mit einem Förderbetrag von einer Million Euro bis 2024 einbezogen. Die Förderung ermöglicht es, unter anderem die digitale Grundbildung über eine digitale Plattform umzusetzen.
Fachstelle für Grundbildung und Alphabetisierung Baden-Württemberg
Die Fachstelle ist im Rahmen der AlphaDekade 2016 bis 2026 des Bundes und der Länder die Koordinierungsstelle für die entsprechenden Projekte in Baden-Württemberg. Sie ist 2016 entstanden und wird seit 2022 über ESF- und Landesförderung unterstützt. Trägerin ist die Technische Akademie für Berufliche Bildung in Schwäbisch Gmünd.